Samstag, Juli 03, 2010

Kommentar: German Tanks mit Leichtlauföl?

Spätestens übermorgen wird man wieder in Englands Zeitungen und anderswo Phrasen wie diese zu lesen bekommen: „Gegen deutsche Panzer ist kein Kraut(s) gewachsen“, „Argentinien überrollt und eingenommen“, „Messi vernichtet“ oder ähnlichen Schrott, der nur Gehirnen von Journalisten entspringen kann, die entweder von Fußball nichts verstehen oder bewusst Lunte legen wollen. So schwer ist das ja auch nicht.

Dabei ist doch alles so einfach:

Eine sensationell aufspielende deutsche Mannschaft, die teilweise südamerikanischer spielte als die Argentinier, hatte die Gauchos entgegen aller Voraussagen (auch meiner sehr vorsichtigen Einschätzung; ich tippte auf Verlängerung) mit 4:0 regelrecht in alle Bestandteile zerlegt. Da trat eine bemerkenswert unpolitisch und naiv agierende Mannschaft auf, die weiß Gott nichts für manche ihrer Fans kann, die mir eben auf der Straße begegnet sind, und erst recht nichts dafür, dass der Bundestag kürzlich einen der miesesten und dunkelsten Momente erlebt hatte – als es nämlich darum ging, einem ungeheuerlichen Antrag zuzustimmen, in dem es darum ging, Israel zur Aufgabe der Seeblockade gegen das Terrorrregime im Gazastreifen aufzufordern.

Ich schwebe zwischen Wolke 7 und Hölle 2

„Deutschland, Deutschland“-Rufe aus den Autokorso, die vor meinem Balkon von den Fans intoniert werden. Gleichzeitig denke ich daran, wie wenig gesellschaftspolitisch aufgeklärt, wie selbstvergessen doch diese Menschen sind: Sie wissen nicht einmal, dass alle Parteien des Deutschen Bundestages mit meiner oben erwähnten Debatte das Existenzrecht des Staates Israel indirekt und endgültig(?) massiv in Frage stellten, weil sie sich auf eine gehässige Forderung der Partei „Die Linke“ eingelassen und darauf aufbauend eine neue Entschließung formuliert hatten, die es dem Iran erleichtert, Waffen an die Hamas zu schmuggeln. Und gleichzeitig will ich diese Menschen (momentan) auch nicht wegen ihres Desinteresses und ihrer kindlichen Freude verurteilen.

Dennoch:

Wie sehr deutsche Eitelkeit und selbstherrlicher Dünkel gegenüber Israel im politischen Alltagsgeschäft, das uns spätestens nach dem WM-Endspiel wieder brutalstmöglich einholen wird, Hand in Hand gehen, zeigen die Wortmeldungen aller Parteien: Das Überleben des palästinensischen Staates bzw. des Gazastreifens hinge von einer totalen[!] (man beachte die Wortwahl) Aufgabe der Seeblockade ab – so, als gäbe es keine Landwege, keine Häfen in Israel, über die Gaza bisher nicht ausreichend versorgt wurde und jetzt noch zusätzlich beliefert wird.

Was sich heutzutage in Deutschland abspielt ist eben nicht nur die Neuauflage eines Fußball-Sommermärchens, sondern so ganz nebenbei die Zementierung eines Leitmotivs der deutschen Politik generell seit 1945:
Entledigen wir uns des Problems „Israel“, dann können wir noch unbeschwerter unsere Fanmeilen in Szene setzen, uns noch unbeschwerter feiern, denn merke: Juden stören beim Feiern, besonders dann, wenn sie sich ihrer Haut wehren, während sich Parlaments-Teutonen im Siegesrausch befinden.
Kurze Schlussbemerkung: Ich habe jedes Tor der deutschen Mannschaft genossen und will auch, dass sie alles erreicht, was sie sich vornimmt. Das hält mich aber nicht davon ab, den Blick für den Alltag und die daraus erwachsenden Realitäten zu verlieren.

Sonntag, Juni 27, 2010

A Champion Is Born: The Tall And Great Thomas Müller

Thomas Müller
(Im Trikot von Bayern München)

Eben war die deutsche Nationalmannschaft dabei, England nach dem besten Spiel dieser WM überhaupt spieltechnisch zu zerlegen (Spanien-Chile gestern war ähnlich gut). Zwar hatte sie beim nicht gegebenen regulären Tor der Engländer großes Glück gehabt und musste nach der Halbzeit einige Schrecksekunden überstehen. Aber der Sieg war insgesamt verdient. Und letztendlich wurden "The Three Lions" von Löws Truppe im WM-Zirkus teilweise vorgeführt (Endergebnis 4:1). Mir tut es fast schon Leid um die Briten...ganz ehrlich....

Ich hätte nie im Traum dieses Ergebnis erwartet. Und wenn dieses Spiel einen Fingerzeig gegeben hat, was die taktische Aufstellung betrifft: anscheinend ist die Mischung aus vielen jungen, erfolgshungrigen Spielern und drei, vier erfahrenen Säulen in der Mannschaft doch die richtige Lösung.

Aber Vorsicht, Euphoriebremse: Gegen Argentinien oder Mexiko wird sich zeigen, was wirklich drin ist in diesem jungen deutschen Team. Ist es schon am Ende seines überaus sympatisch erspielten Siegeszugs angelangt?

Gegen Argentinien oder die Mittelamerikaner wird es ganz, ganz hart. Aber für "uns" leistet sich Demichelis bestimmt noch (hoffentlich [Entschuldigung]) den einen oder anderen Aussetzer.


Vor eineinhalb Jahren noch in der Dritten Liga Deutschlands gespielt, heute auf dem Sprung zur absoluten Weltklasse:


Thomas, "The Tall And Great Müller"


Ich will jetzt nicht auf den Putz hauen, aber Thomas Müller hat heute seine Gesellenprobe bestanden, was (zukünftige) Weltklasse betrifft. Er bewegt sich wie van Basten, finde ich - fast noch etwas frecher, schneller und unbekümmerter. Logisch, kommt ja auch aus Bayern ;-))

Ich mag' diesen Typ!

Jetzt geht mein Bayern-Gen mit mir durch. Verzeiht es einem Augsburger.

---------------
Drei kurze Schlussbemerkungen:

Thomas Müller in einem Interview zu den kommenden Gegnern:
"Wir müssen jetzt alle putzen".
Auch wieder typyisch Bayern. So muss man denken!

Und im Interview:

Auf die Frage eines ARD-Reporters (SPIEGEL), was er davon hielte, zum besten Nachwuchsspieler des Turniers gewählt zu werden, antwortete Müller:
"Warum nicht? Ich habe noch einen Platz in der Vitrine übrig."
Und der ehemalige Austria-Profi Mählich kommentierend im ORF:
"Die Bayern waren einfach cooler".
Felix Bavaria!

So kann man es auch sehen. Oder besser gesagt, so muss man es sehen.

Meine Balkontür musste ich mittlerweile schließen, weil auch die Deutschen vom Vuvuzela-Virus befallen sind.

Sch...Vuvuzela... (Teil 1 und Teil 2)*

Da es um die Artikel zur Vuvuzela
von Der Lindwurm eine unglaubliche Hektik und viele Leserbriefe gab (es folgten noch mehrere Teile auf der Webseite von "der Lindwurm"), bitte ich, den Fortgang auf seiner Webseite zu verfolgen.