Dienstag, Dezember 15, 2009

Sozialisten: Vom revolutionären Fortschritt zur Repression

Vor 220 Jahren startete die westliche politische Linke ihren Siegeszug im französischen Revolutionsparlament. Partei der Freiheit nannte sie sich damals stolz.

Heute repräsentiert sie die Partei der staatlichen Kontrolle und des Etatismus, also des erklärten Feindes der Freiheit von alters her. Ihre Gründer - Männer und Frauen - gingen mit großer Leidenschaft zu Werke, doch ihre Nachkommen, ab sie nun in Europa oder in den USA leben, sind so blutleer geworden, dass man sich allen Ernstes fragt, ob sie von einem anderen Stern kommen. Ehedem
fortschrittlich-revolutionär mutierten sie zu reaktionären Unterdrückern und Apologeten eines lähmenden Status Quo.

Die Linke hat sich in ihr Gegenteil verkehrt, ihr Blut ist invertiert. Und der Staat? Statt sich auf seine grundlegende Daseinsfunktion zu beschränken, nämlich den Schutz seiner Bürger und deren Absicherung in sozialen Extremsituationen, führte er in eine trostlose Ära radikaler Gleichheit und wurde dadurch zum Instrument einer neuen herrschenden Klasse, die aus den intellektuellen und politischen Eliten hervorging. Nach einigen Startschwierigkeiten freundeten sich die Linken auf beiden Seiten des Atlantiks immer mehr mit dem Projekt an und sind heute Teil dieser leichenstarren Soft Tyranny, vor der schon
Alexis de Tocqueville gewarnt hatte.

Als sich der revolutionäre Pulverdampf verflüchtigt hatte, war die Linke zu einer politischen Bewegung degeneriert, deren Kitt heute mehr denn je lediglich durch die Machtgier ihrer Eliten zusammengehalten wird. Die entscheidende historische Zäsur, wenn man sie denn halbwegs zuverlässig datieren könnte, fand nach dem Zweiten Weltkrieg statt, als die sozialistische Leidenschaft ebenso ausgebrannt war wie ihr faschistischer Zwilling.

Die politische Intensität der alten Welt verdunstete regelrecht im Spektrum der Nachkriegszeit und bedeutete das Ende des revolutionären Europa. Sie machte einer leidenschaftslosen Besserwisser-Kaste Platz, wie sie sich heute speziell in der Europäischen Union herausgebildet hat. Sicher, es gab auch lebhafte Intermezzi wie die Proteste in Frankreich 1968 oder einen Dubček in Prag mit seinem "tschechoslowakischen Weg zum Sozialismus" im selben Jahr, aber das blieb marginal. Oder finden Sie heute noch einen Intellektuellen von damals, der die Sprache der Freiheit spricht? Etwa Cohn-Bendit? Es darf gelacht werden!


Beinahe logisch also, dass alle Linken und Konservativen, die an die alten Ideale glauben und sie wiederbeleben wollen, als „Rechtsradikale“ bezeichnet werden.


Die Linke in den USA ist vom europäischen Bazillus noch nicht so lange befallen, aber seine Wirkung ist deswegen nicht weniger stark. In den vergangenen zwei Jahrhunderten gab es meistens fundamentale Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Progressiven. Die Europäer waren doktrinärer, die Amerikaner pragmatischer. Die Europäer wollten Marx kongruent in ihren Partei- und Gewerkschaftsprogrammen abbilden, die Amerikaner hatten nie eine wirklich ernst zu nehmende sozialistische Arbeiterbewegung. Und die Europäer waren in einer Weise geil auf Kommunismus, wie es die Amerikaner hoffentlich (und wahrscheinlich) niemals sein werden. Erstere strebten nach „Staatssozialismus“, während die überwiegende Mehrheit der Amerikaner vom
American Dream des Pursuit of Happiness inspiriert war.

Zu Zeiten des New Deal in den 1930er-Jahren befand sich die amerikanische Linke auf halbem Weg in den staatlichem Dirigismus, der auf der arroganten Überzeugung gründet, dass man sich auf gewiefte Leute mehr verlassen kann als auf freie Märkte - und konsequenterweise freie Menschen. Nach dem Zerfall des sowjetischen Kommunismus erkannten dies auch die meisten Betonköpfe diesseits und jenseits des Eisernen Vorhanges. Das Scheitern des sozialistischen Traumes im Westen war so offenkundig und total, dass nur die standhaftesten Sektierer es wagten, anzumerken, dass der amerikanische Traum - harte Arbeit zahlt sich aus, weil unsere Gesellschaft eine revolutionäre Gesellschaft der Chancengleichheit ist - eine Fata Morgana sei und wir eine staatliche Überinstanz bräuchten, die Gerechtigkeit herstellt und erzwingt.

Und obwohl die Linksaußen seit langem die Universitäten und einen Großteil der Medien beherrschen, scheiterten sie meistens (zumindest in den USA) bei der gesellschaftlichen Positionierung ihrer aussichtsreichsten Führungspersönlichkeiten (in Europa sieht es anders aus). In den USA kamen die Sozialisten meistens nicht an, weil ihre Staatsideologie und ihr Etatismus den meisten Amerikanern suspekt waren.


Ihre Ideen wurden zu Recht zurückgewiesen: Schließlich hatten der Marxismus und seine Nachkommenschaft ihre Untauglichkeit schon mehrmals unter Beweis gestellt. Niemand glaubte mehr an die These „Jedem nach seinen Fähigkeiten (oder Arbeit), jedem nach seinen Bedürfnissen“ (K. Marx).

Was blieb also?


Machtgeilheit, gerechtfertigt durch die Überzeugung, dass die neue Nomenklatur uns alle Entscheidungen abnehmen müsse. Die antiaufklärerischen Protagonisten hatten erkannt, dass sie seit Ablehnung ihrer Ideologie die besten Erfolgsaussichten haben, wenn sie ihre Gegner dämonisieren und sich selbst als Partei der Tugend stilisieren. Die alten Ideen wurden durch Groucho-Marxismus ersetzt, etwa nach dem Motto des großen Schauspielers und Entertainers: „Ich habe Prinzipien. Und wenn Sie diese nicht befürworten habe ich andere.“

Übersetzt in die Sprache der Sozialisten heute könnte das heißen:
Wählt uns, weil wir die besseren Menschen sind. Und deshalb sind wir qualifizierter für's Amt. Alles hängt davon ab, ob wir an der Macht sind und Kontrolle ausüben können. Nein, natürlich wollen wir keinen wie auch immer gearteten ’Sozialismus’.
Nimmt man sich wieder das Beispiel USA vor, dann kann man bei Al Gore oder Nancy Pelosi (Sprecherin des US-Repräsentantenhauses [Demokraten]) zwar unschwer einen Hang zu öko-sektiererischem und diktatorischem Verhalten ausmachen, aber „Sozialisten“? Igitt, wer käme denn auf diese Idee? Um ja nicht aufzufallen, sprechen Personen wie sie von einer „Neu- oder Umverteilung des Reichtums“. Wie man aber schnell feststellen kann (siehe am Beispiel des US-amerikanischen Bankenrettungsprogramms), wird der Reichtum unter den politischen Freunden neu verteilt. Es geht also weniger um eine idealistisch geführte Kampagne als um die Aneignung von Reichtum und willkürlicher Macht und meistens darum, sich zu finanzieren und die eigene Hegemonie zu zementieren.

Tocquevilles Prognose trifft zu: Die Freiheit wird durch ein endlos ausuferndes Regulierungssystem gebunden und wir werden versklavt, ohne überhaupt mitzubekommen, wie dieser Prozess abläuft. Deshalb gehen wir wählen und trösten uns mit der Hoffnung, dass unsere politischen Führer nur das Beste für die Gesellschaft wollen. In der Zwischenzeit blasen die Sozialisten qua Gesetzgebung den Staat immer mehr auf und besetzen die Schlüsselpositionen mit ihren Leuten.


Die Geschichte ist voll von Paradoxien, aber keine ist bedrückender als die eines repressiven Staates, der vorgibt, im Namen der Freiheit zu handeln.


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Quelle: Pajamas Media

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